Brauchtum & Historisches

Geschichte zum Anfassen: Ein Besuch bei den „7 im Süden“

Siebenmal Geschichte und Heimatkunde zum Anfassen und Nachvollziehen: Die ländlichen Freilichtmuseen in Baden-Württemberg im Überblick.
Eine Gruppe von Kindern rennt vor einem historischen Schwarzwälder Bauernhaus
Spaß für Groß und Klein: im Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof ist für alle Generationen etwas gebotenFoto: Schwarzwälder Freilichtmuseum Vogtsbauernhof

Die ländlichen Freilichtmuseen in Baden-Württemberg wurden seit den 1960er Jahren in verschiedenen Regionen aufgebaut. Im Laufe der Jahrzehnte entstanden so sieben regionale Museen, die heute eng zusammenarbeiten: Als „Die 7 im Süden – Freilichtmuseen in Baden-Württemberg“. Sie zeigen auf, dass unser Bundesland Geschichte hat, und vermitteln sie auch. Nach eigenen Angaben der Arbeitsgemeinschaft sind „Freilichtmuseen Mehrgenerationenorte und zugleich Bildungs- und Freizeiteinrichtungen – damit ein Stück gelebter Gegenwartskultur des ländlichen Raumes“.

Ländliche Geschichte und Kultur

Zusammen repräsentieren sie flächendeckend und adäquat die historische Bau- und Alltagskultur des ländlichen Raumes, seiner Geschichte und Kultur in Baden-Württemberg und vermitteln sie authentisch, fundiert und zugleich unterhaltsam. Das Land, genauer gesagt das Ministerium für Wissenschaft, Forschung und Kunst, fördert die Umsetzung historischer Gebäude dabei mit erheblichen Mitteln. Jährlich besichtigen Hunderttausende Gäste die sieben Museumsdörfer mit ihrer baulichen und kulturellen Substanz aus mehreren Jahrhunderten. Geboten werden u.a. Themenführungen, Museumsfeste, Vorträge, Handwerksvorführungen oder Ausstellungen, die die Vielfalt des ländlichen Lebens früherer Zeiten aufzeigen.

Drei Mädchen streicheln ein Schwein auf einer Wiese, ein weiteres Schwein grast
Tierisch viel Spaß ... beim Schweinehüten kann man im Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck Borstenviecher hautnahe erleben.Foto: Freilichtmuseum Neuhausen ob Eck/C. Duepper

Top-Ausflugsziele im Ländle

Die „7 im Süden“ gehören alljährlich zu den beliebtesten Ausflugszielen im Land. Sie sind „Orte kultureller Bildung sowie touristische Leuchttürme ihrer Regionen“. Gleichzeitig sind sie Orte der Beteiligung, des bürgerschaftlichen Engagements, der Vernetzung durch Kooperation mit Vereinen, Verbänden und regionalen Anbietern, ebenso können Gäste bei Vorführungen oder Workshops das Leben früherer Zeiten erfahren. Museumspädagogische Projekte sind besonders beim jüngeren Publikum sehr beliebt und reichen u.a. vom Kürbisschnitzen, Schafwolle reinigen und Tierfiguren herstellen, bis hin zum Kartoffeln ernten. Alle Freilichtmuseen haben das gleiche Ziel der Vermittlung und Bewahrung, unterscheiden sich aber dennoch mit ihren gesamten Angeboten durch regionale und historische Besonderheiten.

Das gilt natürlich auch für die jeweils besonderen kulinarischen Möglichkeiten, welche die einzelnen Regionen zu bieten haben und die ein absolutes I-Tüpfelchen des Gesamtangebotes ausmachen. Dazu gehören die Produkte der Backhäuser an Aktionstagen, die Museumsgaststätten mit besonderer regionaler Küche oder Selbstgebackenes und Gekochtes auf alten Herden. Letzteres verdient ein besonderes Lob den verdienten Museumsmitarbeiterinnen und Museumsmitarbeitern genauso wie der ehrenamtlichen Unterstützung Freiwilliger und den Landfrauen, die sich hier einbringen. Jedes der Freilichtmuseen bietet ein umfangreiches Jahresprogramm während der Öffnungszeiten von April bis zum Herbst. Es gibt vieles zu entdecken, was wir uns jetzt noch etwas genauer anschauen werden.

Im hohen Norden

Im Walldürner Stadtteil Gottersdorf im nördlichen Teil des Odenwalds gelegen, stellt das Odenwälder Freilandmuseum anhand von 18 Gebäuden die Lebenswelten der Menschen im Odenwald und im Bauland vor, bevor die Landwirtschaft technisiert wurde. Hier wird die Geschichte auch mittels Living-History-Darstellungen im Dialog mit ehrenamtlichen Akteuren lebendig aufbereitet.

Die museumspädagogische Vermittlung ökologischer Themen wie z.B. Artenvielfalt und deren Erhalt gehört schwerpunktmäßig zu den Angeboten. Highlights im jährlichen Veranstaltungskalender: Das Grünkernfest im Juli und die Kartoffelernte im Herbst, beide ziehen große Besucherscharen an. Durchschnittlich besuchen jährlich ca. 20.000 Gäste dieses vereinsgetragene Freilichtmuseum in Nordbaden.

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Das Größte

Das größte der Freilandmuseen im Ländle, das Hohenloher Freilandmuseum Schwäbisch Hall-Wackershofen, zeigt 70 der insgesamt rund 210 historischen Gebäude der „7 im Süden“. In die abwechslungsreiche Hohenloher Landschaft eingebettet, bietet es auf seinem weitläufigen Gelände Platz für verschiedene Gebäudegruppen, Felder, Kräuter- und Bauerngärten. Der Eindruck des ländlichen Raumes vergangener Zeiten wird auch durch die Haltung von mehr als hundert Bauernhoftieren gezeigt, allesamt historische Rassen. Besonders erwähnenswert ist hier sicherlich das schwäbisch-hällische Schwein, das durch die Umgebung seinen Namen erhielt.

Neben jahreszeitlichen Aktionstagen wie in jedem Museum vor Ostern oder vor Weihnachten, gibt es hier noch den alljährlichen Pflanzen- und Käsemarkt. Dazu kommen zahlreiche kulinarische Angebote, vor allem, wenn das beliebte Backhausfest angesagt ist oder das Winzerhaus „aussteckt“. Das vereinsgetragene Freilandmuseum erfreut sich ebenso einer großen ehrenamtlichen Unterstützung und begrüßt jährlich rund 110.000 Gäste.

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Schwäbische Wiesen

Im jüngsten der sieben Freilichtmuseen, dem Museum des Landkreises Esslingen für ländliche Kultur in Beuren, lernt man mit seinen Häusern aus dem Neckarland und der Schwäbischen Alb die ganze Vielfalt eines schwäbischen Dorfes kennen. Seit 1995 hat es seine Pforten geöffnet. Es ist umrahmt von der einzigartigen Kulturlandschaft des schwäbischen Streuobstparadieses, wo es sich mit seinen Äckern, Obstwiesen und Hausgärten sowie seinem Erlebnis-Genuss-Zentrum für Sortenvielfalt und Sortenerhalt einsetzt. Kein Wunder, dass ein Highlight die Obsternte mit dem Saftpressen im Herbst ein großer Anziehungspunkt für alle ist. Der Landkreis Esslingen ist Museumsträger, unterstützt wird er von seinem engagierten Partner, dem Förderverein Freilichtmuseum Beuren.

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Das Älteste

Das älteste der sieben Freilichtmuseen wurde 1964 rund um den bereits bestehenden Vogtsbauernhof in Gutach gegründet und steht für die ganze Kulturgeschichte des Schwarzwaldes. Mit seinem museumspädagogischen Vermittlungs- und Veranstaltungsangebot ist es sowohl ein Bildungsort wie auch äußerst beliebtes Freizeitziel und bietet außerdem wie die anderen Freilichtmuseen eine Reihe regionaltypischer kulinarischen Angebote. So kochen hier auch die Landfrauen an Aktionstagen z.B. „die schwarze Supp“ vom Holzherd im Falkenhof und wenn das Backhaus betrieben wird, gibt es frisches Holzofenbrot.

Besonders für Kinder ist das Klappern der Hausmahlmühle von 1609 mit seiner Gerstenstampfe eine große Attraktion. Mit seinen rund 230.000 Gästen in seiner siebenmonatigen Saison gehört der Eigenbetrieb des Ortenaukreises bundesweit zu den wenigen kommunalen Einrichtungen, die sich wirtschaftlich selbst tragen.

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Zwischen Donau, Alb und Schwarzwald

In Neuhausen ob Eck im Landkreis Tuttlingen erweckt das Museumsdorf seit 1988 mit seinen 25 historischen Gebäuden die Vergangenheit wieder zum Leben. Heute ermöglicht eine digitale Vermittlung durch lebendiges Storytelling, aber auch Geschichte zum Anfassen mit täglich wechselnden Handwerksvorführungen den Gästen, diesen historischen Raum neu zu erleben. Es zeigt, wie die Menschen in den ländlichen Regionen der Schwäbischen Alb, im Schwarzwald und am Bodensee früher gelebt haben.

Neben zahlreichen Aktionen bietet es im Herbst die Kirbe, das Kirchweihfest an, zu dem auch eine Hausschlachtung vorgeführt wird. Unter der Trägerschaft des Landkreises Tuttlingen ist es außerdem ein wichtiger außerschulischer Lernort für die Region, vor allem in der Umweltbildung und Kooperationspartner von vielen Schulen.

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Tief im Süden

Das Freilichtmuseum im oberschwäbischen Wolfegg entstand ab 1977 rund um das Fischerhaus, die einstige Wohn- und Arbeitsstätte der fürstlichen Hoffischer. Inzwischen beherbergt es 28 historische Bauernhäuser mit Nebengebäuden aus dem ländlichen Oberschwaben und dem westlichen Allgäu. Außerdem pflegt es auf dem Museumsgelände ein authentisches Bild der oberschwäbischen Kulturlandschaft, wie sie um 1850 ausgesehen hat. Wichtige thematische Schwerpunkte sind die Migration der „Schwabenkinder“ und die „Gastarbeiter“ der 1950er bis 1970er Jahre, denen auch eindrucksvolle Dauerausstellungen gewidmet sind. Neben Aktionstagen gibt es eine Museums-App und Museumsführer, welche die Geschichte der einstigen Bewohner lebendig macht. Die Landfrauen kochen an Aktionstagen die herrlichsten regionalen Spezialitäten, ganz wie bei Muttern zuhause. Seit 2017 ist das Bauernhaus-Museum Allgäu-Oberschwaben Teil der Kulturhäuser des Landkreises Ravensburg.

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Arbeit früherer Tage

Im Oberschwäbischen Museumsdorf Kürnbach in Bad Schussenried erhalten die Gäste Einblick in den Alltag aus früheren Zeiten inmitten strohgedeckter altoberschwäbischer Bauernhäuser. Das Kürnbachhaus wurde 1968 als Museum eröffnet, zunächst als Einrichtung der Stadt Bad Schussenried. 1974 übernahm der Landkreis Biberach die Trägerschaft. Heute gibt es hier knapp 40 historische Bauwerke.

An besonderen Aktionstagen demonstriert das Museum z.B. im Herbst eindrucksvoll die einstige mühselige Handarbeit rund ums Ernten und Verarbeiten des Getreides. Dann kommt auch die alte Dampfmaschine zum Einsatz und die Oldtimer-Traktoren geben sich ein Stelldichein. Traditionelle Handwerksvorführungen ermöglichen dann auch Geschichte zum Anfassen; teilweise wird auch Gebärdensprache angeboten.

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Über die Autorin

Susanne Hilz-Wagner ist eine profunde Kennerin regionaler Geschichte(n). Als „Weiße Frau vom Turmberg“ bietet sie regelmäßig Führungen in Karlsruhe - Durlach und Grötzingen an. In ihrem umfassenden Werk „Am Anfang war der Feuerstein“ hat sie sich mit der Geschichte der Ess- und Trinkkultur in Baden-Württemberg auseinandergesetzt und lädt ein zu einer spannenden kulinarischen Zeitreise durch die Jahrtausende von der Steinzeit bis heute.

von Redaktion NUSSBAUMsh/red
21.08.2025
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